Thomas BERNHARD, Immanuel Kant, Burgtheater Wien am 26.11.2009
Ein Mann, geisteskrank, bildet sich ein, der Philosoph Immanuel Kant zu sein. Gerade befindet er sich auf dem Weg nach Amerika, zusammen mit seiner Frau, dem Diener und dem Papagei Friedrich. Eine Ehrung der Columbia-Universität soll er entgegennehmen und bei dieser Gelegenheit – wenn er schon raus aus Königsberg nach Amerika kommt – sollen seine Augen medizinisch behandelt werden. „Die Ärzte der Columbia-Universität sind, gerade was das Augenlicht betrifft, die allerbesten!“ Alle spielen dieses Spiel mit… bis ganz zum Schluss: Das Schiff legt an. Eine Abordnung tritt an. Es sind aber nicht Professoren und Studenten der Universität sondern Arzt und Pflegepersonal der Psychiatrie, die „Immanuel Kant“ abholen…
Kunst stellt sich hier sehr klar als Form und kaum als Inhalt dar. Thomas Bernhard lässt die Figuren nebeneinander stehen und sich darstellen. Dialoge werden zu parallelen Monologen von Gestalten, die eine geformte Sprache in den Mund gelegt bekommen. Aufeinanderfolgende Wiederholungen und Übertreibungen erinnern manchmal eher an ein skurriles Marionettenspiel als an lebendige Bühne. Aber gerade in dieser Künstlichkeit der Darstellung liegt der subtile Humor Bernhards, der dem Zuschauer die Banalität des Lebens und seiner selbst so nahe bringt.
Schauspielerisch glänzen Michael Maertens als Immanuel Kant und Sunnyi Melles als Millionärin. Ein großartiger Theaterabend. Eine Pflichtveranstaltung für Bernhard-Fans.
(Thomas Stix – Wien/Vienna)